Mit „Little White Lies“ hat Jennifer Lynn Barnes eine charmant-spannende Gossip-Girl-Adaption auf den Markt gebracht und wir können uns alle auf Teil zwei freuen.

In „Little White Lies“ begleiten wir Sawyer auf den Spuren ihrer eigenen Familie. Wer ihr Vater ist, weiß sie nicht und auch mit ihrer reichen Großmutter hatte sie noch nie Kontakt. Bis diese dann auf einmal vor ihr steht und ihr ein Angebot macht, dass Sawyer unmöglich ablehnen kann. Sie zieht also bei ihrer Großmutter ein, lernt noch weitere Familienmitglieder kennen und muss sich den Regeln der High Society beugen. Schnell merkt Sawyer, dass wohlhabende Menschen sich nur darin von anderen unterscheiden, dass sie ihre Geheimnisse intensiv geschützt wissen wollen. Egal, was es kostet.
Natürlich ist das Aufeinandertreffen von Upper Class und eher ärmlichen Verhältnissen keine bahnbrechende Innovation, aber Jennifer Lynn Barnes‘ Stärken liegen woanders. Protagonistin Sawyer ist ihr wahres Meisterwerk. Schlagfertig, edgy und etwas sonderbar, macht sie das Buch zu einem echten Erlebnis. Ihre Charakterbeschreibung ist gut durchdacht und fesselt den Leser. Ein großes Highlight sind dabei Sawyers hyper fixations. Diese machen sie nicht nur sehr greifbar als Person, sondern verleihen ihr einen besonderen Charme. Jede einzelne dieser Fixierungen ist perfekt durchdacht und trägt zu Sawyers street smart Image bei. Immer einen lässigen Spruch auf den Lippen, kann sie sich, durch all ihr Wissen, perfekt auch aus kniffligen Situationen heraus manövrieren.
Barnes Erzählstil ist dabei recht flott. Man bekommt genug Details zu fassen, die die Geschichte insgesamt lebendig und emotional gestalten. Allerdings ist die Handlung sehr kompakt. Geheimnisse werden teils sehr schnell gelüftet und die Spannungsbögen sind eher kurz. Für einsteigende Leser fantastisch. Für mich als Literaturliebhaber eher eine verpasste Chance. Es gibt im Gesamten zwei wahnsinnig spannende Elemente im Buchverlauf. Zum einen einen geheimen Blog, dessen Posts als Einleitung der einzelnen Kapitel fungieren und zum anderen die Frage nach Sawyers Vater. Wobei die Kandidaten für letzteres sehr schnell eingegrenzt werden und die Auflösung auch nicht besonders überraschend ist. Um sämtliche Spoiler zu vermeiden kann und möchte ich darauf aber nicht näher eingehen. Allen zuliebe, die sich mit dieser Rezension vor Kauf des Buches informieren wollen ;)
Die Blogeinträge machen da schon deutlich neugieriger. Ich meine, welche High-Society-Queen würde es denn bitte wagen, halbnackt die Geheimnisse ihrer Mitmenschen preiszugeben? Die Kombination aus Tabubruch in der gehobenen Gesellschaft und der Macht, die durch das Wissen über diverse dunkle Wahrheiten mit sich kommt, machen diese gesamte Blogexistenz zu einem kontroversen Skandal. Auch für den Leser ist es wahnsinnig spannend, zu rätseln, was dahinter steckt. Vor allem in den ersten Kapiteln, in denen man die Postings einfach ohne Kontext hingeworfen bekommt. Eine tolle Side Quest, die sich dort von Anfang an entwickelt. Am Ende lässt Barnes sie auch wunderbar in die Hauptgeschichte mit einfließen, sodass alles stimmig wird und man einen regelrechten „Aha-Moment“ durchlebt.
Alles in allem ist „Little White Lies“ von Jennifer Lynn Barnes ein sehr kurzweiliges Buch, mit tollen, leider etwas vorhersehbaren Plottwists. Aber die einzelnen Geschichten dahinter, die sich nach und nach zu einem großen Ganzen verstricken, sind absolut clever und fesseln einen. Es gibt immer wieder Gossip-Girls-Vibes und mit Sawyer hat sie eine sehr komplexe Protagonistin geschaffen. Young-Adult-Lesern wurde damit eine große Freude gemacht. Das Buch ist aber auch für Mittzwanziger ansprechend und vor allem kurzweilig. Warum es online teilweise den Thrillern oder auch dem Mystery-Genre zugeordnet wird, ist für mich unverständlich. Ich persönlich freue mich aber sehr auf den zweiten Teil und ein Wiedersehen mit Sawyer, Lilly, Sadie-Grace und Campbell.


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